Vergangenes Wochenende wurde die Musik für Violoncello und Orchester On A Long Strand von Anno Schreier im Badischen Staatstheater uraufgeführt. Ich habe mir die Aufführung am 22. November angehört, denn ich war ausgesprochen neugierig, wie Schreier, von dem ich vor einigen Wochen wunderbar zarte, klangsensible Gesänge kennen gelernt habe, mit nicht textgebundener Musik umgeht. Was ich gehört habe, waren vor allem dunkle Orchesterfarben, kraftvolle Rhythmen, spannender Umgang mit dem musikalischen Material und eine kreischende Dissonanz als Schlussklangschichtung. Letztere kam überraschend, denn obwohl sich Schreier, Jahrgang 1979, in seiner Musiksprache durchaus und entschieden im 21. Jahrhundert bewegt, versteht er es, sein Material so zu formen, dass es angenehm anzuhören ist. So wie seine Lieder beim ersten Hinhören einfach scheinen, es aber in sich haben, so verbergen sich auch beim Cellokonzert hinter der Zugänglichkeit Reife und profundes Können. Anno Schreier beschäftigt sich viel mit der menschlichen Stimme, bislang ist er vor allem als Opern- und Liederkomponist bekannt. Bezeichnenderweise hat er das Gedicht North des irischen Dichters Seamus Heaney, das ein Auslöser für die Komposition des ersten Satzes war, zunächst als Vorstudie für Bariton und Klavier vertont. Obwohl Schreier die klassische dreisätzige Solokonzertform wählt, verlässt er in vieler Hinsicht die traditionellen Pfade: Das Soloinstrument ist häufig eng mit dem Orchestersatz verwoben, es monologisiert zu Beginn des zweiten Satzes und beginnt später ein Gespräch zu dritt mit Flöte und Horn. Ausgesprochen lebhaft spielt der dritte Satz Reeling And Tumbling mit Tonfällen der irischen Volksmusik.
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