Margarete Schweikert

Erster Weltkrieg

Patriotismus war während des Ersten Weltkriegs Bürgerpflicht, eine Welle kriegsverherrlichender Kunsterzeugnisse flutete vor allem in der ersten Phase der nationalen Begeisterung über das Land.  Schweikert machte keine Ausnahme und komponierte den Schwertsegen „Gott schuf das Schwert“ für eine Singstimme und Klavier nach einem Text von Ziska Luise Schember, der 1914 im Musikverlag Fritz Müller gedruckt wurde.  In den ersten beiden Kriegsjahren erklang der „Schwertsegen“ zweimal: Am 14. November 1914 wurde das Stück im Rahmen eines Patriotischen Balladen- und Liederabends von Kammersänger Hermann Gura uraufgeführt, ein zweites Mal wurde er am 18. April 1915 im Großen Kirchensaal in Lörrach bei einem Konzert des dortigen Männerchores gesungen. In einem nicht lokalisierbaren Gemeinde-Boten vom 17. Oktober 1914 wurden die Noten folgendermaßen besprochen: "Gott schuf das Schwert (Schwertsegen). Dichtung von Ziska Luise Schember, komponiert von Margarete Schweikert. Mit Titelblatt von Hans Thoma. Zum Besten der Hinterbliebenen gefallener Krieger. Fritz Müllers Kunstverlag Karlsruhe. Preis 1 M. - An diesem Werkchen haben Meisterhände gearbeitet.“ Auch im Stuttgarter Frauenclub erklang der Schwertsegen. Die Frauenwacht. Zeitschrift zur Förderung der Frauenbestrebungen in Württemberg vom 20. März 1915, berichtet darüber: „Fräulein Margarete Schweikert in (sic!) Karlsruhe, ein musikalisches Mitglied des Stuttgarter Frauenclubs, hat einen Schwertsegen komponiert, auf den die Leser des Blattes aufmerksam gemacht werden. Bekanntlich erzählt Tacitus, die Frauen der deutschen Vorzeit hätten den Männern die Schwerter zugetragen und sie zum Kampf angefeuert. Hier hat dieses Tun einen vergeistigten Ausdruck gefunden, denn auch die bündigen Textworte Gott schuf das Schwert hat eine Frau gedichtet.“ Früh schon hatte Margarete Schweikert also Kontakt zur bürgerlichen Frauenbewegung, die Mitgliedschaft im Stuttgarter Frauenclub datierte wohl aus ihrer dortigen Studienzeit.

 

Nach einem Text Ziska Luise Schembers schrieb Margarete Schweikert noch den Deutschen Psalm für Männerchor (uraufgeführt am 4. Oktober 1914 im Rahmen eines Vaterländischen Konzertes in der Städtischen Festhalle Ettlingen) und die „Deutsche Kaiserhymne“ für Singstimme und Klavier.

Während des Ersten Weltkrieges durfte Margarete Schweikert "Männerarbeit" verrichten und den zum Waffendienst eingezogenen Geigenlehrer am Großherzoglich Badischen Lehrerinnen-Seminar Prinzessin-Wilhelm-Stift vertreten. Danach wurde die patriarchale Ordnung wieder hergestellt, und Margarete Schweikert blieben die Privatschüler. Beim Ausschluss von Frauen von öffentlichen Ämtern ging es nicht um Qualifikation und Befähigung - die stand zumindest in Schweikerts Fall nie zur Debatte -, sondern um männlichen Machterhalt.

 

In diesen Jahren musizierte Schweikert häufig im Lazarett in der Karlsruher Moltkestraße, im Volksmund "Heldenpresse" genannt: „Zu Beginn des Krieges war ich jeden Sonntag Vormittag dort.“ (Erinnerungen)

In etlichen Anekdoten berichtete Margarete Schweikert von ihren Begegnungen mit Vertreterinnen und Vertretern des Hauses Baden. Großherzogin Luise etwa erinnerte sich bei einem Zusammentreffen in einem der sonntäglichen Lazarettkonzerte zu Beginn des Ersten Weltkriegs, dass sie Margarete Schweikert nun zum sechsten Mal musizieren hörte. Zu einem Konzert im Februar 1922 in Freiburg waren auch die „Ex-Großherzogs“ geladen. Zu hören waren Lieder der Komponistin, interpretiert von der Soubrette Hanna Rodegg und der Pianistin Elisabeth Moritz. Der Großherzog war verhindert, doch die kunstsinnige, im persönlichen Kontakt sehr befangene „Hilda erschien mit einer Nichte und kleinem Hofstaat. (…) Zu jedem von uns dreien sprach sie den gleichen Satz, daß der Großherzog bedauere da erkältet usw., wobei ihre jedes mal das Wort Großherzog im Hals stecken blieb, als geniere sie sich es auszusprechen, da sie ja in in Wahrheit es gar nicht mehr seien. Und dann äußerte sie noch, daß ich so düstere Texte für meine Lieder gewählt hätte. Dabei war das gar nicht der Fall.“ (Erinnerungen)


Margarete Schweikert: Handschriftliches Titelblatt "Im bitteren Menschenland" nach Gedichten von Ernst Goll
Margarete Schweikert: Handschriftliches Titelblatt "Im bitteren Menschenland" nach Gedichten von Ernst Goll

Trotz des Krieges konzertierte Margarete Schweikert, wenn auch mit weniger Auftritten, weiter. Die Badische Landeszeitung vom 19. September 1916 berichtete, trat sie mit eigenen und fremden Werken in Stuttgart auf; unter anderem erklang ihr Liederzyklus Im bitteren Menschenland op. 9 nach Gedichten von Ernst Goll. Der Liederzyklus war am 18. Mai 1915 in einem Konzert zugunsten der Hilfsstelle für heimkehrende Auslandsdeutsche das erste Mal musiziert worden. Die Uraufführung sang der Widmungsträger, der Tenor und Hofopernsänger Martin Wilhelm, begleitet wurde er von Hugo Rahner. Die Badische Landeszeitung vom 19. September 1916 zitierte das Neue Stuttgarter Tagblatt: „Ihre Liederfolge Im bittren Menschenland nach Gedichten von Ernst Goll, weiche lyrische Ergüsse einer weltfremden, in Sehnsucht und Wehmut still-verglühenden Künstlerseele, hat ihre Heimat im Geiste und Herzen R. Schumanns. Nach dem einleitenden Opfer, in dem die Tondichterin persönlich selbständiger in ihren musikalischen Gedanken hervortritt, ist sie schon im zweiten Liede ganz im Banne der zarten Melodik und Klangstimmung des herzbezwingenden Meisters. Und sein sehnsuchtsvoll auf und ab schwebender und schwellender Ton durchdringt ihre Lieder bis zum Schluss, bis die erste immer schlichte Melodie des Ich sah ein Blümlein in dem wehmütig abschliessenden Die Liebenden wiederkehrt. Es ist ein reiches Empfinden und ein sicheres Können in diesen Gesängen.“

Dieselbe Zeitung berichtete in ihrer Ausgabe vom 4. Juni 1918 von Kammermusikabenden in Baden-Baden, Pforzheim und Heilbronn.