Am 19. November 2015 habe ich eine Aufführung der Romanischen Lucretia im Gartensaal des Karlsruher Schlosses besucht. Ich war sehr angetan von der Musik Casimir Schweitzelspergs, überrascht von der Länge der Oper - etwas weniger als drei Stunden reine Spielzeit, und das ohne die Ballettszenen - und amüsiert über die Derbheit der Texte. Die Darstellung der Geschichte der antiken Lucretia erinnert mich frappierend an die Ariadne auf Naxos von Hofmannsthal und Strauss: Auch hier wird ein mythischer Stoff aus der Antike von Figuren der Commedia dell'arte kommentiert. Es geht um die Vergewaltigung der Lucretia durch den König, die sich danach beschämt und entehrt selbst tötet - ein Verhalten, das an einem barocken Hof, an dem eheliche Treue nicht einmal von den Frauen erwartet wurde, nur mit Unverständnis und Belustigung quittiert werden konnte. Erstaunlicherweise wird die Kritik an Lucretias Verhalten vor allem von den Dienerfiguren geäußert: Tarquinius, der Vergewaltiger, fühlt sich im Recht, und nur sein Vertrauter, ebenfalls von Adel, bekommt Zweifel am Vorgehen seines Königs. Die Musik ist abwechslungsreich und gut gesetzt, die mythologischen beziehungsweise höfischen Personen singen durchaus anspruchsvolle Koloraturen, die Dienerfiguren sind musikalisch durch einfachere Tonfälle, aber keineswegs schlicht charakterisiert. Viele Da-capo-Arien, ein kleines Ensemble begleitete, ein obligates Cembalo. Eine sehr schöne Ensemble-Leistung unter der musikalischen Leitung von Johannes Braun.
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