Eigentlich bin ich davon ausgegangen, dass der Begriff Kulturimperialismus, zumindest was die Ernste Musik betrifft, Geschichte ist. Die Zeiten, in denen Nationen ihre
Herrschaftsansprüche über andere mit einer überlegenen Kultur begründet und die Vergrößerung ihres Macht- und Einflussbereichs mit Musik belegt haben, hielt ich, zumindest in Europa, für vorbei.
Bis ich vor einigen Monaten einen russischen Chor gehört habe, auf dessen Programm ukrainische Lieder standen, die als russische verkauft wurden. Zu jeder anderen Zeit (an die ich mich erinnere),
sagen wir, vor fünf Jahren noch, wäre das absolut unverfänglich gewesen: Wie schön, Russen singen Lieder aus der Ukraine. Jetzt aber, nach der Besetzung der Krim und der ostukrainischen
Verwaltungsbezirke Donezk und Luhansk, bekommt so etwas mehr als nur ein Geschmäckle, für mich ist das ein trauriger weiterer Beleg für die Expansionspolitik Russlands. Musik ist eben nicht
nur Musik, Art pour l'art und dem schnöden Alltag und der noch schnöderen Politik enthoben, sie wird auch gerne zu politischen Zwecken instrumentalisiert.
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