Das Rheingold im Badischen Staatstheater

Das Badische Staatstheater folgte bei seinem neuen Ring des Nibelungen der Mode, alle vier Teile der Tetralogie von einem anderen Regisseur in Szene setzen zu lassen. Gestern ging Das Rheingold in der Inszenierung von David Hermann über die Bühne, das Publikum war begeistert, klatschte viel, vor allem bekamen die Sänger, der Dirigent des Abends, GMD Justin Brown und die Badische Staatskapelle viel Applaus. Das Regieteam - neben Hermann Jo Schramm (Bühne), Bettina Walter (Kostüme), Stefan Woinke und Jo Schramm (Licht) - musste sich ein paar Buhs gefallen lassen. Ich kann dazu nur den alten Goethe zitieren, ich meine den Schnack mit viel Licht und viel Schatten. Aaalso, sehr einleuchtend und stark war die Personenregie, viel Bewegung, viel Beziehung, alles klar, alles deutlich, auch für Menschen, die das Stück zum ersten Mal sahen. Das Setting irgendwie eine mythische Moderne, Wotan saß mit den Riesen an einen Konferenztisch. Die Niebelheimszene fand ich beklemmend, die Niebelungen schufteten  in einem Berg, hinter einem mit Stacheldraht bewehrten Zaun. Etwas plakativ die beiden Prostituierten, die sich an Alberich eindeutig zu schaffen machten, aber auch damit kann ich leben. Richtig Schwierigkeiten hatte ich mit der Umdeutung von Freia zu einer lüsternen, Fasolt umgarnenden und abknutschenden Wuchtbrumme. Da passt Wagners Text einfach nicht mehr, und vermutlich ist das nicht nur mir aufgefallen. Meine zwei, drei Buhs galten jedenfalls dieser Szene. Irgendwie interessant, aber für Menschen, die den Ring nicht so gut kennen, verwirrend, ist, dass der Regisseur die wesentlichen Handlungsstränge der gesamten Tetralogie von Tänzern, Schauspielern oder Stuntleuten, das wurde mir nicht ganz klar,  parallel zur Rheingold-Handlung pantomimisch erzählen lässt. Das passt meist ganz gut,  ich habe mich am Ende nur gefragt, warum ich dann noch die restlichen drei Tage absitzen muss, wenn ich die ganze Geschichte schon einmal erzählt bekommen habe. (In den Badischen Neuesten Nachrichten interpretierte der Kollege das als Traum Wotans. Das glaube ich nicht, denn Wotan ist kein allwissender Gott, sondern braucht Erda, um ihn vor der Zukunft zu warnen. Sehr menschlich, dieser rummurksende und tricksende Wotan.)  So, und jetzt kann ich anfangen zu schwelgen, denn ich komme zur Musik: Das war ganz große Oper! Schlank, konzentriert kammermusikalisch der Zugriff von Justin Brown, die Badische Staatskapelle hatte zwar keine Sternstunde, war aber sehr gut disponiert und spritzig. Vor allem die Rhythmen kamen absolut pointiert - auch bei den Sängerinnen und Sängern, von denen vor allem Matthias Wohlbrecht (Loge) und Jaco Venter (Alberich) ganz Vorzügliches leisteten. Bis auf Ariana Lucas (Erda), deren großes Vibrato einfach nicht meins ist, waren glücklicherweise keine "typischen" Wagnerstimmen zu hören. Die Texte kamen gut verständlich rüber, das lag an der ausgefeilten Diktion, aber auch an Justin Brown, der das Orchester von einem lebendigen Piano und Mezzoforte überzeugen konnte und auch das dicke Blech im Griff hatte. Ich freue mich schon auf die Walküre am 11. Dezember - die inszeniert Yuval Sharon! Kein PS: Das Programmheft ist sehr gelungen und liefert wirklich Interessantes zum Stoff (das Interview mit Justin Brown habe ich noch nicht gelesen).

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