Musik und Weltpolitik

Vor einigen Tagen habe ich das Mariinski-Orchester unter der Leitung von Valery Gergiev gehört. Es geschah etwas, womit ich überhaupt nicht gerechnet hatte: Ich habe mit den russischen Musikerinnen und Musikern heftig gefremdelt. Einige irritierende Momente lang habe ich mir überlegt, ob ich es wirklich in Ordnung finde, hier und jetzt diesem Orchester zuzuhören. Immerhin kommt es aus einem Land, das einen Nationalismus pflegt, von dem ich hoffte, dass er der Vergangenheit angehört. Vom Dirigenten ganz abgesehen, der ein glühender Putin-Verehrer ist. Gleichzeitig fühlte ich mich an Zeiten erinnert, in denen im kulturellen Bereich Stellvertreterkriege geführt wurden. Das habe ich zwar nicht selbst erlebt, aber es hat schon großen Eindruck auf mich gemacht zu lesen, wie etwa die am Ersten Weltkrieg beteiligten Nationen die Musik der Gegner von den Konzertplänen strichen. Schrecklich und unwürdig, dachte ich. Bis mir, untermalt von Tschaikowsky, der Gedanke durch den Kopf schoss, dass ich mit Künstlern, die Putin wählen, nichts zu tun haben möchte. - Der Gedanke zog glücklicherweise vorüber, denn ein Zurück in die Schützengräben wäre undenkbar. Oder? Woher kommt mein leiser Zweifel?

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